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Lesung zur Literaturgeschichte des Tabaks - musikalisch begleitet von Susanne Kaiser und Ute Petersilge. Weitere Infos: hier
Pressespiegel zum Konzert am 12. Oktober 2014
Stilistisch sind die Stücke sehr divergent, doch wohnt ihnen eine ganz eigene Expressivität inne. Oft ist es Musik des Aufbruchs zu neuen Ufern, sei es hin zur Auflösung der Tonalität, Einbeziehung höchst unterschiedlicher folkloristischer Einflüsse in die eigene Tonsprache oder der kreativen Veränderung traditioneller Formen wie die der Sonate, die mit neuen Inhalten gefüllt wurde. Zwei der vorgestellten Komponisten, der Wormser Rudi Stephan und Enrique Granados, fielen dem Weltkrieg zum Opfer: Der hochbegabte Stephan, dessen wenige erhaltenen Werke in jüngerer Zeit häufiger aufgeführt werden, starb 1915 im Alter von 28 Jahren in einem Schützengraben in Galizien durch einen Kopfschuss. Und Granados ertrank auf der Rückfahrt aus New York in seine spanische Heimat nach einem deutschen U-Boot-Angriff.
Stephans Groteske für Violine und Klavier wurde von Tianwa Yang, die gerade als beste Nachwuchskünstlerin mit einem „Echo“ ausgezeichnet wurde, mit vorantreibender Expressivität und nie nachlassender Spannung aufgeladen, die Ecken und Kanten dieses von Einfallsreichtum und der Suche nach neuen Wegen geprägten Stückes nicht nivellierend. Solistisch präsentierte sich Nicholas Rimmer, der der zeitweise fast überbordenden Energie der chinesischen Geigerin ein hervorragender Klavierpartner war, mit „El Amor y la Muerte“ aus der Suite „Goyescas“ von Granados. Mit viel Übersicht, aber etwas eingeschränkter Farbigkeit musizierte er diese Ballade von Liebe und Tod.
Über welch fast grenzenlose virtuosen Mittel Tianwa Yang verfügt, unterstrich sie bei der Fünften Solosonate aus op. 27 von Eugène Ysaÿe, den kompletten Sonaten-Zyklus hat die Geigerin auch höchst erfolgreich bei Naxos eingespielt. Ihr Spiel ist nicht nur von technischer Souveränität und erlesener Farbigkeit geprägt, der ungebremste Gestaltungswillen und die Spannkraft ihres Spiels verblüffte ebenso wie stupende Technik, die Klarheit der Intonation und das kontrollierte, niemals ausufernde Vibrato. Auch die Exotismen von Karol Szymanowskis „Nocturne und Tarantella“ op. 28 fanden in dem Duo nahezu ideale Interpreten. Der weite dynamische Radius der Geigerin, die musikalische Übersicht des Pianisten, der für die virtuose Expressivität Yangs Rückhalt ebenso wie gelegentliches Korrektiv bildete, ergänzen sich nicht nur hier vorbildlich. Auch wenn die Triller und Tremoli die Konturen der Musik „impressionistisch“ verschwimmen lassen, fehlt es nie an gestalterischer Übersicht.
Während der Pole Szymanowski bei den Kompositionen von 1915 von musikalischen Einflüssen seiner Reisen nach Sizilien und Nordafrika inspiriert wurde, greift der Mähre Janácˇek nicht nur bei seiner Sonate auf Elemente der Sprache seiner Landsleute zurück. Die gerade für eine Sonate ungewohnt kurzatmigen, rhythmisch aufgeladen Motive, die im Kontrast zu weit schwingenden lyrischen Melodien stehen, prägen die Musik. Tianwa Yang und Nicholas Rimmer ließen sich auf diese Gegensätze ein, um aus ihnen eine verblüffende Einheit zu gestalten.
Am Ende seines Lebens schuf Claude Debussy inmitten der Schrecken des Krieges drei Sonaten, die Teil eines sechsteiligen Zyklus sein sollten. Der große Neuerer Debussy wand sich auch unter dem Eindruck des Kriegsgeschehens von der schier übermächtigen deutsch-österreichischen Sonatentradition ab und, sich selbst als „musicien français“ bezeichnend, der französischen Klassik eines Rameaus zu. Alt und neu gehen hier Hand in Hand, die Durchhörbarkeit und scheinbare Leichtigkeit, das gedämpfte Farbenspiel, die Wirkung der Musik, die auch auf Reduktion basiert, wurden von der Geigerin und ihrem Partner kongenial umgesetzt. Das Konzert wurde von SWR2 mitgeschnitten, ein Sendetermin steht noch nicht fest.
Claus Walters (mit freundlicher Genehmigung der "Badischen Neuesten Nachrichten")
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Mit fast überbordender Energie
Die Geigerin Tianwa Yang und der Pianist Nicholas Rimmer im Jägerhaus in Forst
Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren und die epochalen Umwälzungen, die er auslöste, waren schon Thema der Europäischen Kulturtage Karlsruhe. Anlässlich von „25 Jahre Musik im Jägerhaus“ in Forst boten nun die aufstrebende Geigerin Tianwa Yang und ihr Klavierpartner Nicholas Rimmer unter dem Motto „Krieg, Frieden und Versöhnung – 2014“ ein sehr durchdachtes und beziehungsreiches Programm, das von Rudi Stephan über Leosˇ Janácˇek, Karol Szymanowski, Eugène Ysaÿe und Enrique Granados zu Claude Debussy führte. Alle Werke im sehr gut besuchten Konzert wurden kurz vor oder während dieses Krieges konzipiert oder komponiert.Stilistisch sind die Stücke sehr divergent, doch wohnt ihnen eine ganz eigene Expressivität inne. Oft ist es Musik des Aufbruchs zu neuen Ufern, sei es hin zur Auflösung der Tonalität, Einbeziehung höchst unterschiedlicher folkloristischer Einflüsse in die eigene Tonsprache oder der kreativen Veränderung traditioneller Formen wie die der Sonate, die mit neuen Inhalten gefüllt wurde. Zwei der vorgestellten Komponisten, der Wormser Rudi Stephan und Enrique Granados, fielen dem Weltkrieg zum Opfer: Der hochbegabte Stephan, dessen wenige erhaltenen Werke in jüngerer Zeit häufiger aufgeführt werden, starb 1915 im Alter von 28 Jahren in einem Schützengraben in Galizien durch einen Kopfschuss. Und Granados ertrank auf der Rückfahrt aus New York in seine spanische Heimat nach einem deutschen U-Boot-Angriff.
Stephans Groteske für Violine und Klavier wurde von Tianwa Yang, die gerade als beste Nachwuchskünstlerin mit einem „Echo“ ausgezeichnet wurde, mit vorantreibender Expressivität und nie nachlassender Spannung aufgeladen, die Ecken und Kanten dieses von Einfallsreichtum und der Suche nach neuen Wegen geprägten Stückes nicht nivellierend. Solistisch präsentierte sich Nicholas Rimmer, der der zeitweise fast überbordenden Energie der chinesischen Geigerin ein hervorragender Klavierpartner war, mit „El Amor y la Muerte“ aus der Suite „Goyescas“ von Granados. Mit viel Übersicht, aber etwas eingeschränkter Farbigkeit musizierte er diese Ballade von Liebe und Tod.
Über welch fast grenzenlose virtuosen Mittel Tianwa Yang verfügt, unterstrich sie bei der Fünften Solosonate aus op. 27 von Eugène Ysaÿe, den kompletten Sonaten-Zyklus hat die Geigerin auch höchst erfolgreich bei Naxos eingespielt. Ihr Spiel ist nicht nur von technischer Souveränität und erlesener Farbigkeit geprägt, der ungebremste Gestaltungswillen und die Spannkraft ihres Spiels verblüffte ebenso wie stupende Technik, die Klarheit der Intonation und das kontrollierte, niemals ausufernde Vibrato. Auch die Exotismen von Karol Szymanowskis „Nocturne und Tarantella“ op. 28 fanden in dem Duo nahezu ideale Interpreten. Der weite dynamische Radius der Geigerin, die musikalische Übersicht des Pianisten, der für die virtuose Expressivität Yangs Rückhalt ebenso wie gelegentliches Korrektiv bildete, ergänzen sich nicht nur hier vorbildlich. Auch wenn die Triller und Tremoli die Konturen der Musik „impressionistisch“ verschwimmen lassen, fehlt es nie an gestalterischer Übersicht.
Während der Pole Szymanowski bei den Kompositionen von 1915 von musikalischen Einflüssen seiner Reisen nach Sizilien und Nordafrika inspiriert wurde, greift der Mähre Janácˇek nicht nur bei seiner Sonate auf Elemente der Sprache seiner Landsleute zurück. Die gerade für eine Sonate ungewohnt kurzatmigen, rhythmisch aufgeladen Motive, die im Kontrast zu weit schwingenden lyrischen Melodien stehen, prägen die Musik. Tianwa Yang und Nicholas Rimmer ließen sich auf diese Gegensätze ein, um aus ihnen eine verblüffende Einheit zu gestalten.
Am Ende seines Lebens schuf Claude Debussy inmitten der Schrecken des Krieges drei Sonaten, die Teil eines sechsteiligen Zyklus sein sollten. Der große Neuerer Debussy wand sich auch unter dem Eindruck des Kriegsgeschehens von der schier übermächtigen deutsch-österreichischen Sonatentradition ab und, sich selbst als „musicien français“ bezeichnend, der französischen Klassik eines Rameaus zu. Alt und neu gehen hier Hand in Hand, die Durchhörbarkeit und scheinbare Leichtigkeit, das gedämpfte Farbenspiel, die Wirkung der Musik, die auch auf Reduktion basiert, wurden von der Geigerin und ihrem Partner kongenial umgesetzt. Das Konzert wurde von SWR2 mitgeschnitten, ein Sendetermin steht noch nicht fest.
Claus Walters (mit freundlicher Genehmigung der "Badischen Neuesten Nachrichten")
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